hier und fort

Siziliens Nordosten #1

und …

Erste Eindrücke von einem Reiseziel aus meiner Wunschliste!

Wünsche kommen und gehen. Bei manchen ist es gut, wenn sie unerfüllt ins Vergessen wegdümpeln. Doch es gibt die Wünsche, die sich wohl per Schwimmring oder andere Schutzmechanismen über viele Jahre erhalten. So erhielt sich ein Traumziel meiner Kindheit irgendwie am Leben und wanderte vor einigen Jahren auf meine „bucket list“:

Sizilien – Ätna – Liparische Inseln

übrig blieben

Nordost-Sizilien und der Ätna

In meinen Herbstferien 2016 nutzte ich eine unerwartet hohe Rückzahlung vom Finanzamt spontan, suchte einen günstigen Flug nach Barcelona, fand keinen aber dafür einen nach Catania. Ich sah es als Zeichen, buchte, um für eine knappe Woche in diese Region hineinschnuppern zu können. Ein Quartier fand ich über Airbnb und, um unabhängig sein zu können, reservierte ich mir auch gleich einen Mietwagen.

Sonstige Planung? Nix. Rien. Nothing. Zuhause druckte ich mir die Route zu meinem gemieteten Häuschen unterhalb des Ätnas aus, dazu die Tipps meiner Vermieter um ohne ‚getting lost in Catania‘ (holte ich später nach) anzukommen, und auf dem Flughafen Stuttgart kaufte ich mir einen Reiseführer mit Straßenkarte.

Entsprechend unsortiert liefen die Anreise und der erste Tag ab. Ich fuhr ins Blaue, versuchte mich zu aklimatisieren und zurecht zu finden:

  • Mein erster Eindruck: Ganz schön viele Berge und entsprechende Straßen.
  • Mein zweiter Eindruck: Boah, was sind die Straßen, vor allem in den Ortschaften eng, schmal, unübersichtlich!
  • Mein dritter Eindruck: DAS wird wieder eine Erfahrung … 😀 !

Vom Flughafen Catania aus hatte ich problemlos mein Quartier, nach Einbruch der Dunkelheit, in Linguaglossa (im Norden des Ätnas) erreicht und von dort aus unternahm ich am darauf folgenden Tag meine Orientierungstour in Richtung Norden (es zog mich einfach ans Meer)! Was ich nicht bedacht hatte war die Topographie des Geländes, das ich dazu zu überqueren hatte, und die Jahreszeit. Anfang November sind Allerheiligen und Allerseelen, Feiertage, an denen Italiener als Katholiken tatsächlich noch ihrer Toten gedenken, sich die Familien zusammenfinden und sich dazu in ihren Heimatdörfern treffen. Die engen Straßen der Ortschaften waren noch schwieriger zu durchqueren, als üblich. Auf jeder verfügbaren freien Fläche an Friedhöfen und Gasthäusern standen Autos bis weit in die Straßen hinein. Da diese sowieso schmaler als gewohnt sind empfand ich das Durchfahren der Ortschaften wie das Einfädeln eines Fadens in das Nadelöhr einer Nähnadel ohne Brille, fahren unter erschwerten Bedingungen.

Doch zuerst einmal der Blick am ersten Morgen mit einer Tasse Espresso aus der „Vulkan-Espresso-Maschine“ vom Herd in der Hand, morgens um 7.00 Uhr – meine Welt war total in Ordnung – auf den Ätna!

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Die Tages-Tour, so wie sie sich am Ende entwickelt hatte, denn nach einem Gespräch mit meinem Vermieter wollte ich ursprünglich nach Taormina:

Linguaglossa – Randazzo – Floresta – Capo d’Orlando – Tyndaris – Novara di Sicilia – Francavilla di Sicilia – Castiglione di Sicilia – Linguaglossa, mit insgesamt 203 km.

Auf der SS 120 gefiel mir dieser Anblick in der Ferne und ich bog dann nicht in Richtung Taormina ab, sondern fuhr weiter nach Randazzo und von hier aus stetig bergauf in Richtung Floresta. Keine wirkliche Chance das Auto an der Straße abzustellen damit ich ein Foto von den Eindrücken entlang der Strecke machen konnte. Doch es lohnt sich, da muss ich der grünen Markierung in der Straßenkarte zustimmen.

Windräder auf den Monti Nebrodi

 

Doch zuerst gönnte ich mir einen Blick zurück nach Randazzo und dem Ätna, bevor es über die Berge ans Meer ging. Wenn schon einmal die Chance besteht das Auto sicher am Straßenrand abzustellen, dann musste das genutzt werden.

Floresta, ein typischer sizilianischer Ort, mit seinen schmalen Straßen, kaum Fußweg und den Häusern, deren Türen direkt auf die Straßen führen. Vorgärten müssen eine Besonderheit Mitteleuropas sein. Da ist kaum mehr Platz für Fußgänger als in den Neubaugebieten meines Wohnorts.

Es ging weiter bergauf, in Serpentinen. Am Straßenrand standen erste Schneepfosten, schwarz-rot-gelb ;-), die höher sind, als im Schwarzwald. Schilder weisen darauf hin, dass von Dezember bis März/April Winterausrüstung für die Autos erforderlich ist. Ich war etwas irritiert, nahm mir vor meine Vermieter darauf anzusprechen, da ähnliche Schilder auch außerhalb Linguaglossas stehen.

Der höchste Punkt meiner Strecke, mit seinen Windrädern, war erreicht.

Am Straßenrand blühte noch der Rainfarn. Später erfuhr ich, dass aus dem sizilianischem Rainfarn ein „stärkender und erfrischender“ Likör gebraut wird – hmpf, gerade habe ich in meiner Ausbildung gelernt, Rainfarn ist giftig. Trotzdem hübsch.

Und schon änderte sich der Blick, denn ab jetzt ging es stetig, in Serpentinen, bergab.

Da war es, das Meer und im Hintergrund ein kleines Zipfelchen der Liparischen Inseln. Ab jetzt legte ich die Kamera weg und nahm mir Zeit für mich. Die Mittagszeit verbrachte ich in Capo d’Orlando am Strand, wie viele Ortsansässige auch. Meeresrauschen, Sonne, Sand, Steine und Felsen, dazu der herrliche Blick auf die Inseln – alles in meinem internen Speicher sicher verwahrt!

Ich hatte vorgehabt die gleiche Strecke auch wieder zurück zu fahren um auf dem Rückweg in Floresta anzuhalten. Doch dann sah ich in der Ferne etwas, das mich neugierig machte, Tyndaris. Leider reichte mir die Zeit nicht bis nach oben zum Kloster zu gelangen, wenn ich noch bei Tageslicht zurück in meinem Quartier sein wollte. Unbekannte (Berg-)Strecke muss nicht sein wenn es dunkel ist.

Also drehte ich auf dem Parkplatz unterhalb des Klosters um, ohne den Zubringerbus hinauf zu nutzen, und suchte meinen Rückweg über Novara di Sicilia, jetzt über die Monti Peloritani, wieder über eine Atem beraubend schöne Strecke, zurück zu meinem Quartier.

Eine Weile begleitete mich noch die Sonne, der Blick auf das nicht besichtigte Tyndari und die Hügel der Liparischen Inseln. Dann versteckte sie sich hinter dunklen Wolken, sorgte für Vorabendstimmung in Novara. Auch hier wieder empfingen mich zugeparkte enge Straßen und volle Lokale anlässlich der Feiertage.

So fuhr ich weiter, verfuhr mich in Francavilla und kam in Castiglione di Sicilia wieder auf eine mir inzwischen bekannte Straße. Doch bei dem Anblick wusst ich, wo ich am nächsten Tag meine Tour beginnen werde – genau hier!

Was aus dem Plan der nächsten Tagestour von Castiglione nach Taormina wurde kommt im nächsten Bericht:

Siziliens Nordosten #2 – Taormina, Castelmola und die Alcantara-Schlucht

Bis die Tage,
Karin

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